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Kompositionen mit virtuellen Gegenständen

Aus meiner Arbeit als Grafiker heraus entwickelte sich das Interesse, mit dreidimensionaler Computergrafik künstlerisch zu arbeiten. Im Rechner können Gegenstände losgelöst von physikalischen Determinanten geformt und arrangiert werden. Gleichzeitig sind die virtuellen Gegenstände in der Wirkung im Raum aus beliebigen Blickwinkeln und in jedem Bildausschnitt beurteilbar. Die Möglichkeit, die Gegenstände selbst nicht aus der gegebenen sichtbaren Welt nehmen zu müssen, sondern sie direkt für die jeweilige Komposition herzustellen und solange zu formen, bis sie passen, eröffnet einen neuen, Plastisches und Malerisches verbindenden Arbeitsstil. Die parametrisch steuerbare Oberflächengestaltung eröffnet darüber hinaus ein fast unüberschaubares Experimentierfeld fantastischer Form- und Texturkombinationen.

Freie bildnerische Arbeit mit dreidimensionaler Computergrafik war für mich zunächst ein ästhetisches Spiel mit Formen und Farben in der Fläche und im Raum. Meine Begeisterung für den Künstler Morandi ließ in mir aber bald die Idee gedeihen, mich stärker mit dem Thema Stillleben zu beschäftigen. Hatte ich anfangs noch begeistert mit den unüberschaubaren Möglichkeiten des computergrafischen Hyperrealismus experimentiert, arbeitete ich durch die Auseinandersetzung mit Morandi zunehmend bewusst auf ein Minimum der formalen Möglichkeiten hin. Die Bildgegenstände selbst werden von mir inzwischen möglichst weit in ihrem individuellen Designcharakter reduziert und homogenisiert, damit möglichst wenig von der Komposition und den Formen als rein formaler ästhetischer Qualität ablenken kann. Denn mich interessiert in der Tradition von Morandi nicht das Design der Gegenstände, sondern das perfekte Bild. Allerdings gibt mir die Computertechnik die Möglichkeit, mit einer Vielzahl von Bildvariationen bis hin zur Berechnung von Animationen solcher Kompositionen viel analytischer und experimenteller als ein Maler vorzugehen. Auch alte Arrangements zu aktualisieren, neu zu bearbeiten und den Bildkosmos iterativ immer weiter zu verzweigen, ist sehr reizvoll. Doch im Ergebnis bleiben, wie beim materiellen Malen, von den hunderten Variationen doch nur einige wenige Bilder über, die ich für mich als fertig und abgeschlossen betrachten kann.

John Jeff Corner, Januar 2000


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